19.09.2021

Inventing Nature - Pflanzen in der Kunst #supportyourlocals

15. September, 2021

Ich stehe vor der Kunsthalle in Karlsruhe. Heute werde ich diese zum ersten Mal betreten und eine Ausstellung anschauen. Jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit habe ich das Plakat von der Austellung "Inventing Nature - Pflanzen in der Kunst" gesehen und mich gefragt was es damit auf sich hat.  Es hat sofort mein Interesse geweckt und diesem muss ich nachgehen. Doch ich bin nicht als "normale Besucherin" hier. Mein journalistisches und künstlerisches Ich - NIMSAJ - hat die Kunsthalle per Mail angeschrieben und gefragt, ob ich die Ausstellung auf dem Blog vorstellen darf. Schließlich bin ich Bloggerin und habe die Reihe "Support your Locals" schon vor einigen Jahren eingeführt um euch coole Veranstaltungen in Karlsruhe vorzustellen. Dieses Mal ist es jedoch eine Premiere. Ich habe eine Kooperation und darf die Social Media Beauftragte Fr. Schwarz, die mich schon am Eingang erwartet, und die Kuratorin Fr. Dr. Vogt kennenlernen. 
 

Die Kunst und ich

Inspiriert von Katemooreloves Art Vlog [hier könnt ihr ihn anschauen] den ich im März diesen Jahres geschaut habe, hatte ich Lust bekommen euch ebenfalls meine Kreationen zu zeigen und euch am Prozess meines neusten Bild teilhaben zu lassen! Das Video gibt es hier & hier sogar einen zweiten Teil, wo ich auch meine bisherigen Werke zeige und erkläre.
 
Ich male/zeichne jedoch nicht erst seit der Pandemie, sondern basically schon mein Leben lang. 2015 habe ich jedoch verstärkt damit angefangen und zwar mit einem Malbuch [zum Blogpost]. Seit 2018 male/zeichne ich freestyle und lasse mich dabei hauptsächlich von Ereignissen in meinem Leben und der Natur inspirieren.
 
Dazu kommt, dass ich dieses Jahr das Buch "Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur" - von Andrea Wulf gelesen habe und hin und weg war! Ich liebe es einfach, wie die Autorin das Leben des berühmten Naturforscher beschreibt und uns auf eine spannende Reise nach Südamerika, aber auch in die Forschung mitnimmt. Durch dieses Buch habe ich mir nicht nur einige Kunstwerke im Zeichenstil des 18./19. Jahrhundert gekauft und ins Wohnzimmer gehängt, sondern auch Goethe's Italenische Reise gelesen und mich inspirieren lassen. Denn Alexander und Johann waren befreundet, haben beide gezeichnet und waren Natur interessierte Menschen - wusstet ihr das? 

Italien war damals übrigens ein berühmter Hotspot für deutsche Künstler und in der Ausstellung "Inventing Nature" habe ich dazu ein Bild von Edmund Friedrich Kanoldt (1845-1904) gespottet, dass die Serpentara (Schlangenhain) zeigt. Ein kleiner Wald von Steineichen oberhalb der Stadt Olevano, den im frühen 19. Jahrhundert insbesondere deutsche Künstler als inbegriff ihrer Italiensehnsucht betrachtet hatten. Als Kanoldt 1873 erfuhr, dass der Besitzer der Serpentara den Wald abzuholzen und für die Verwendung von Eisenbahnschwellen zu verkaufen gedachte, initiierte er eine Spendensammlung unter deutschen Künstlern. Das Gelande konnte erworben und bewahrt werden - cool oder? 
 

Jubiläums Ausstellung Inventing Nature - Pflanzen in der Kunst 

 175 Jahre Kunsthalle Karlsruhe

Die Ausstellung soll nicht nur das Thema Nachhaltigkeit aufgreifen, sondern generell zeigen, wie sich unser Verständnis von Natur über die Jahrhunderte verändert hat und zeigt dies mit den verschiedestensten Kunstwerken - von der Antike zum Mittelalter, Kolonialzeit, Surrealismus, zur Moderne, Karlsruher Pflanzen Kunst, Forschung, mit Fotografien, Videos, Skulpturen und Gemälden, verschiedenstens Materialien und spannenden Hintergrundgeschichten. Für mich als "Kunstneuling" (ich kann an einer Hand abzählen wie oft ich in Kunst Ausstellungen war) war es total fazinierend und wie eine Reise in eine andere Welt - die mir jedoch sehr vertraut vorkam. Denn die Natur ist in uns allen - wir sind Teil davon! Fremde Erde ist nur fremd, wenn der Fremde sie nicht kennt...

Eingeteilt ist die Ausstellung in folgende Bereiche: 
  • Flora, Metamorphose, Symbiose, Hybride
  • Pflanzen - Formen - Sprachen
  • Der forschende Blick: Präzensierung und Erweiterung
  • Unter Bäumen
  • Feldstudien
  • Vegetation und Lebensraum
  • Vegetabile residuen
  • Endliche Ressourcen
Alle diese Bereiche haben ihre Besonderheiten, Werke die hevorstechen und mir fiel es total schwer meine Favoriten auszuwählen. Trotzdem versuche ich euch in diesem Blogpost einige näher vorzustellen und auch im meinem YouTube Video (am Ende des Beitrags) habe ich versucht euch einen Einblick in die Ausstellung zu geben. Generell kann man jedoch sagen, dass ich total auf Bäume stehe. Das klingt vielleicht etwas banal, aber ich liebe einfach Dschungel und Wälder und eben Bäume. Das sieht man auch bei meinen "Kunstwerken" - ich bin übrigens nie zufrieden damit wie ich Bäume male - und deswegen fand ich besonders inspirierend mir die vielen Dschungel und Wald Kunstwerke anzuschauen. Werde ich jemals auch so schöne Baume malen können? Wer weiß...
 
 
Mein absoluter Favorit wenn es darum geht ist dieses Gemälde: der Brasilanische Urwald von Adolf Schroedter (*1805- +1875). Dieser pflegte eine lebenslange Liebe für Gärten sowie Gewächshäuser, die er in seinen sukzessiven Lebensmittelpunkten Düsseldorf, Frankfurt und Karlsruhe anlegte. Dabei war er nie in Brasilien und man weiß nicht anhand welcher Quellen er dieses Paradies aus Aquarell erschaffen hat. Mit dem Bild beschwört er die Idee eines tropisches Urwaldes in der Imagination eines Europäers, dessen Bildsprache von sicherem Gespür für Ornamentik und Eleganz geprägt ist. Ich würde mich gerne da rein beamen, denn genau so stelle ich mir auch den Brasilanischen Urwald vor, definitiv eines meiner nächsten Reiseziele!
 
Falls bis dahin natürlich noch Regenwald übrig ist... Wenn ihr nicht wisst, was ich meine, checkt mal die Organistation * Amazon Watch * und helft den Regenwald und die Indigene Bevölkerung zu schützen!

 
Bevor ich aber nach Brasilien reise, werde ich in der Zwischenzeit versuchen die deutschen Wälder zu malen. Das linke Gemälde hat mich dabei sofort an die Waldstadt in Karlsruhe erinnert bzw. den Hardtwald. Beim betrachten des Kunstwerkes habe ich mich sofort Zuhause gefühlt. Der Wald ist mein Safe Space, so viele Spaziergänge habe ich dort gemacht, egal ob in meinem Heimatdorf oder in Karlsruhe und mein nächster Urlaub geht in den Schwarzwald. Ich finde das Bild Unterholz von Félix Vallotton (*1865- +1925) schenkt eine gewisse Ruhe. Obwohl es durch die Schatten so dunkel ist - ein Ausdruck der Depression des Künstlers? Vielleicht habe ich mich deswegen auch gleich mit den Werk verbunden gefühlt #endthestigma. Man könnte es auch Wald Therapie nennen oder Wald baden - so wie es die Japaner bezeichnen. Aufjedenfall empfehlenswert für die mentale Gesundheit!
 
Das rechte Gemälde von Jacob van Ruisdael (*1628/29- +1682) mit dem Namen Große Baumgruppe am Wasser mag ich besonders, da es am Wasser ist und man Kühe und Schafe darauf erkennt (klickt auf das Foto, dann wird es größer). Besonder besticht es durch die fein ausgewogene Komposition, dem Wechsel von Nah- und Fernsicht, die differenzierte Lichtgestaltung und die stimmungsgemäßen Kontraste. Es erweckt einen friedlichen Eindruck - besonderns aufgrund der Tiere, finde ich, die genüsslich vor dem Teich graßen.


Diese Skulpturen von Martin Schwenk (*1960) mit den einfachen Namen Bäume (love it) sind für mich mein Baum Highlight - deswegen musste ich natürlich ein Foto mit ihnen machen! Die Skulpturen sind aus Polyrethan-Schaum, PVC, Ton und Kunststoff gefertigt, haben eine Höhe von je ca. 400 - 550 cm und einen Durchmesser von 40 cm. Das Besondere an diesen Skulpturen ist, dass der Polyurethanschaum in eine aus Ton modellierte, ungebrannte Hohlform eingebracht wurde und sich durch die Triebkraft dann eine enorme eigendynamische Triebkraft entwickelte. Der Schaum quillt wuchernd zu knorigen Formen auf, wirft Blasen, wächst derart robust aus, dass das es so aussieht als würde er der Ton sprengen. Schwenk sagt dazu: "Die Unterscheidung zwischen dem Künstlichen und Natürlichen existiert nicht mehr. Der Blick, den man auf meine Arbeiten werfen kann, ist nicht der Blick, den man auf einen toten Gegenstand wirft, sondern es ist der Blick, den man auf etwas lebendiges wirft, oder besser, der Gegenstand trägt alle Voraussetzungen in sich, um ihn auch als etwas Lebendiges wahrnehmen zu können." 

In diesem Zusammenhang empfehle ich euch das Buch & die Doku "Das geheime Leben der Bäume" von Peter Wohlleben (hier in der ZDF Mediathek), hehe. Ja meine Baum Liebe ist strong!
 
 
Als letztes "Baum Kunstwerk" möchte ich euch noch diese Skulptur von Eva Jospin (*1975) mit dem Namen Forêt courbe 2 aus Karton und Holz vorstellen. Mich hat es sofort an den Angkor Wat erinnert, die große Tempelanlage in Kambodscha (die ich noch nie besucht habe) und von der Natur erobert wurde. "Eva Jospins Nachdenken über Wälder eröffnet ohne verengende thematische Pointierung einen weiten Assoziationshorizont um ihr Sujet: Wälder der Mythen und Märchen, der Kunst- und Literaturgeschichte, Wälder als historische und gegenwärtige, als persönliche Efahrungsräume, de symbolische Aufladung des Waldes als Metapher des Unbewussten, des Mysteriösen, der Urangst vor dem, was unsichtbar lauert, der Gefahr sich zu verirren, sich in ihm zu verfangen und der zivilisierten Welt verlorenzugehen oder aber die Möglichkeit, sich vor dieser zu verstecken." heißt es dazu im Ausstellungskatalog.

 
Genug erstmal von Bäumen. Die Natur besteht natürlich aus viel mehr! Wie zum Beispiel diese Ölgemälde von Obst und Gemüse von der Künstlerin Julia Schmid (*1969) zeigt. Mir gefällt besonders das es so bunt und lebendig ist. Zudem suggeriert es für mich die Fülle der Natur - Abundance wie es Krishna McKenzie sagen würde (hatte beim Betrachten der Bilder seine Betonung davon ihm Kopf und auch seine Tour - hier geht's zum Video mit ihm über Permakultur). Erkennt ihr außerdem eine Art Heuschrecke mit Gesicht? Ich schon (mittleres Bild). Die Künstlerin hat die Pflanzen in einem von ihr definierten Raum oder entlang einer Strecke gesammelt, im vorliegenden Fall handelt es sich um eine asphaltierten Wirtschaftsweg bei Wachtberg-Arzdorf, ihrem einstigen Heimatort in der Nähe Bonns. Was sie dort gefunden hat, hat sie in ihre malerische Sprache transformiert und im Gemälde konserviert. Sehr gelungen, wie ich finde.
 
 
Sehr gut haben mir auch diese beiden Ausstellungstücke gefallen: der Walking Man - ein gigantisches Mischwesen aus Mensch und Baum (hat mich an die Ents von Herr der Ringe erinnert) von William Kentridge (*1955) auf Japanpapier und die tiny Pflanzen Kunst von Christiane Löhr (*1965) - wie süß und orginell ist das bitte? Sie hat aus Distelsamen, Kletten, Löwenzahnkugeln und Grashalmen eindrucksvoll dargestellt, wie scheinbar fragile Materialen verblüfflend stabil sind und die dabei auf die in der Natur gefundene Kräfteverhältnisse beruhen.
 

 
Natürlich dürfen in der Kunst auch nicht Blumen und Frauen fehlen. In der europäischen Kuturgeschichte ist diese Assoziation tief verwurzelt. Das Gemälde Dame mit Blumenstillleben von Gaspar Peeter Verbruggen d. J. (+1664- +1730) weist deutliche Bezüge zur römischen Göttin der Blüte auf, die im frühen Christentum zu einer Kurtisane umgedeutet wurde. Beides Bedeutungen mischten sich im 16. Jahrhundert, so dass eine eindeutige Trennung nicht mehr möglich ist. Lies sich eine Frau aus gehobenen Kreisen als Flora porträtieren, wie es verschiedentlich geschah, dürften freilich eher die Eigenschaften der Göttin für die Dargestelle in Anspruch genommen worden sein: blühenede Schönheit, Jugend, Fruchtbarkeit. 

Aus heutiger Sicht ist diese Darstellung fragwürdig, da die Frau als Objekt männlicher Begierde und die damit verbundene Rollenzuweisungen reduziert wird - Frauen sollen wie Blumen sein, attraktiv, gefällig, charmant (ich heiße wie eine Blume, hey!). Das gefällt mittlerweilen nicht allen Frauen weshalb es zum Beispiel letztes Jahr die Initavite #stattblumen gab - die mehr Gleichberechtigung forderte, vorallem während der Pandemie, und weniger "Blumen".


Last but not least: dieses Kunstwerk von Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger mit den Namen "Pflanzen dichten" ist wohl das komplexeste, witzigste und auch klügste Ausstellungstück, meiner Meinung nach. Bestehend aus vielen verschiedenen Materialien und Komponeten, wie Stoffe, Samen, Teile von Pflanzen, Flüssigkeiten, Wurzeln, technische Instrumente, ergibt es einen magischen bizarren Wald mit vielen verspielten Elementen. Organische und nicht-organische Gegenstände wurden zusammengefügt und ergeben eine Verbindung. Auf den ersten Blick wirkte es für mich etwas zufällig - aber bei genauerer Betrachtung konnte ich sehr viel entdecken, vorallem Schönheit, Diversität, Symbiose aber auch Kritik.  
 
Das gilt nicht nur für dieses Werk sondern für die ganze Ausstellung - deswegen kann ich euch den Besuch von ganzem Herzen empfehlen! #neverstopexploring
 

Vielen Dank für die Zusammenarbeit Kunsthalle Karlsruhe.
Ihr könnt die Ausstellung noch bis zum 31. Oktober 2021 anschauen bevor die Kunsthalle aufgrund Sanierungsarbeiten geschlossen wird.

1 Kommentar:

  1. Vielen Dank für den ausführlichen und schönen Blogbeitrag sowie deinen Besuch, liebe Jasmin!
    Viele Grüße aus der Kunsthalle
    Tabea

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