11.08.2019

Alleine Reisen als Frau in Indien


November 2018:
Ich sitze am Flughafen in Frankfurt am Main. Die Sonne scheint auf mein Gesicht und ich schwitze. Genervt ziehe ich meinen Cardigan und Pullover aus. Dann nehme ich mein Kindle in die Hand und überlege welches Buch ich lesen soll. Ich entscheide mich für Mut von Osho. Denn das ist genau das, was ich jetzt brauche.

"Am Anfang besteht kein großer Unterschied zwischen einem Feigling und einem mutigen Menschen. Der einzige Unterschied ist, dass der Feigling auf seine Ängste hört und ihnen nachgibt, während der Mutige sie beiseite schiebt und weitergeht. Der Mutige geht trotz aller Ängste ins Unbekannte".

Ich habe Angst. Ich habe verdammte Angst. Am liebsten würde ich wieder zurück durch die Sicherheitskontrolle gehen und mit meinem Papa nach Hause fahren. Doch das ergibt keinen Sinn! Ich wollte doch schon immer einmal alleine für 6 Monate verreisen! Nicht nur 2 Monate nach Thailand oder hier und da ein kleiner Kurztrip alleine. Nein ich wollte nach Indien - mein Sehnsuchtsland! Seit dem ich das erste Mal einen Bollywood Film mit Shahrukh Khan und das Buch "Der Himmel über Darjeeling" von Nicole C. Vosseler gelesen habe als ich ein Teenager war, möchte ich nach Indien. Ich möchte die Farben sehen. Die Gerüche riechen. Das Leben dort kennenlernen. Frauen in Saris bewundern. Mit Armut konfrontiert werden, wie in Slumdog Millionaire. Ich möchte das echte, authentische Indien sehen. All seine Seiten und Widersprüche. Und dabei habe ich Angst, was es mit mir machen könnte. Kann ich es ertragen? Bin ich stark genug? Man sagt: entweder liebt oder hasst man Indien. Werde ich Indien lieben? Nach allem was ich gelesen, gesehen und gehört habe? Ich kann mir nur schwer vorstellen, es zu hassen. Doch ich lasse es auf mich zu kommen. Öffne mich für alles was kommt. Ich habe keine Angst, alleine nicht klar zu kommen. Ich habe Angst davor, nicht genug Zeit für Indien zu haben und zu wenig Geld gespart zu haben. Und jetzt sitze ich hier, warte darauf in den Flieger steigen zu dürfen und lese diese Zeilen von Osho.

"Ein Mensch wird furchtlos, in dem er seine Ängste akzeptiert. Es ist keine Frage von Mut. Es geht darum, das Leben so zu sehen, wie es ist, zu begreifen, das die Ängste natürlich sind und sie anzunehmen."

Lange habe ich gebraucht, mich zu überwinden diesen Beitrag zu schreiben. Auf Instagram wurde ich sehr oft gefragt, ob ein Artikel über das Alleine Reisen als Frau in Indien noch veröffentlich wird. Und ganz ehrlich? Ich wollte zwar von Anfang an einen Artikel darüber schreiben, aber dachte dann es gibt doch schon genug davon? Und überall stehen die gleichen Tipps und Ratschläge. Warum wollt ihr dann einen Bericht von mir und was soll ich großartig schreiben? Doch ich habe mich nun doch dafür entschieden mit euch meine Erfahrung zu teilen und auch ein paar Tipps zu geben. Denn ich habe das Gefühl, es gibt trotz der bereits existierenden vielen guten und hilfreichen Beiträge über das Thema Alleine Reisen als Frau in Indien, immer noch genug Mädels und Frauen da draußen, die sich das nicht trauen und einen Tritt in den A**** brauchen! Oder es einfach interessiert. Wenn du also schon immer nach Indien wolltest, aber  dich niemand begleiten möchte und unsicher bist ob du es wirklich wagen solltest, dann bist du hier genau richtig. Denn die Antwort lautet: YES! DO IT GIRL!

Einige Dinge vorab:
1. In Indien ist man nie wirklich allein. Dazu leben dort einfach zu viele Menschen auf engen Raum. Deswegen stört es die meisten auch nicht Körperkontakt zu haben wie z. B. auf der Straße (Beispiel: die Altstadt in Delhi, nicht empfehlenswert an einem Samstag), in der Metro, im Bus, Zug, etc.
2. Wenn du deine Ruhe haben willst, begebe dich in einen Ashram (Ort um spirituelle Praktiken auszuüben), in die Berge oder auf eine kleine Insel. 
3. Wenn du dagegen nicht alleine sein möchtest: geh in ein Hostel. Lerne dort neue Leute kennen, connecte dich, erkundet zusammen die Stadt / Indien, reist zusammen, habt Spaß! Außerdem kannst du dich online connencten z.B. per Facebook, Couchsurfing oder auch Instagram. Das heißt: du kannst zwar alleine nach Indien ANreisen, musst dort aber nicht die ganze Zeit ALLEINE sein. Das war ich übrigens auch nicht *surprise*

Auch ein Tipp, nicht nur von mir sondern von vielen anderen Touristen die ich während meiner Reise getroffen habe ist: Lass Indien nicht dein erstes asiatischen Land sein. Außer du willst es dir so richtig hart geben sprich: einen Kulturschock erleben! Ich war zum Beispiel 2013 in Thailand und 2015 in Indonesien. Außerdem half mir auch meine Marokko Reise 2014 in Indien klar zu kommen. Bin ich jedenfalls der Meinung. Als blutiger Asien-Anfänger nach Indien zu reisen finde ich schon extrem mutig, mutiger als es so schon ist und würde ich persönlich nicht empfehlen. Du kannst es aber natürlich trotzdem machen. Lass dir nur eins gesagt sein: Indien lässt dich wachsen, zweifeln, weinen, vor Freude in die Luft springen, es bringt dich an deine Grenzen, es zeigt dir zu was du allem fähig bist und es wird dich nie wieder los lassen: egal ob du eine negative oder postive Erfahrung machen wirst.

Meine Indien Erfahrung - Alleine als Frau

Als ich das erste Mal meinen Freunden davon in Kenntniss setzte, dass ich alleine nach Indien reisen werde (ich war fest entschlossen, von Anfang an), machten sich viele Sorgen. Sowohl weibliche als auch männliche Freunde fragten besorgt, ob ich denn keine Angst hätte, aufgrund der vielen Medienberichte wie Frauen in Indien behandelt werden und sogar in Gruppen vergewaltigt werden (zum Beispiel im Dezember 2012 als eine 23-jährige Studentin in einem Bus in Delhi Opfer einer Gruppenvergewaltigung wurde). Meine Antwort darauf war und ist immer noch: Schlechte Menschen gibt es überall, egal ob in Indien oder in Deutschland. Natürlich bin ich mir vor meiner Reise darüber bewusst darüber gewesen, wie die gesellschaftliche Stellung der Frau in Indien ist. Das sie oft ungewollt, ungebildet und schlecht behandelt werden. Doch warum sollte mich das abhalten, dieses Land zu bereisen und mit eigenen Augen zu sehen? Ich bin Buddhistin, weil es eine Erfahrungsreligion/philosophie ist. Buddha sagte einst: "Glaubt mir nichts, nur weil ich Buddha bin, sondern prüft, ob es eurer Erfahrung entspricht. Seid euer eigenes Licht" Und genau so handhabe ich es auch in meinem Leben und hier auf dem Blog. Ich habe größtenteils gute Erfahrungen in Indien gemacht. Aber das heißt nicht, dass Indien total sicher ist und einem nichts passiert kann. Außerdem glaube ich auch daran, dass man das was man ausstrahlt auch anzieht. Diesbezüglich habe ich einen sehr wichtigen Tipp, wahrscheinlich sogar der wichtigste für mich persönlich: Achtet auf eure Gedanken. Ich habe es mehr als einmal erlebt, wie meine Gedanken bestimmte Personen oder Situationen angezogen haben. Ich bin fest davon überzeugt, dass an der starken spirituellen Energie Indiens lag und musste mich selbst immer wieder daran erinnern: positiv denken, offen sein. Keine Angst haben. Denn aus Angst handelst du immer anders als wenn du offen und voller Vertrauen bist.

Positives Beispiel:
Es war auf Neil Island, einer kleinen Insel der Andaman Inseln. Ich war der einzige Gast in meinem Resort und bald würde ich Geburtstag haben. Ich wünschte mir vom Universum, dass es mir jemanden schickt, mit dem ich meinen Geburtstag verbringen konnte. Denn auch wenn ich ursprünglich geplant hatte, diesen komplett alleine zu verbringen, änderte sich meine Meinung nach kurzer Zeit. Einen Tag später lernte ich einen indischen Tourist kennen. Er hatte gerade im gleichen Resort eingecheckt, in dem ich wohnte. Zusammen verbrachten wir vier wunderschöne Tage inklusive meinen Geburtstag.

Negatives Beispiel:
In Varanasi teile ich morgens in meinem Instagram Storys ein Beitrag von einer anderen Reisebloggerin, die ich zuvor in Dharamshala getroffen hatte. In diesem beschrieb sie ihre bisher guten Erfahrungen mit Indien, denn sie war ebenfalls alleine als Frau unterwegs. Daraufhin schrieb mir meine brasilanische Reisebekanntschaft, mit der ich in Delhi unterwegs war, ihre schlechte Erfahrungen. Ich teile diese ebenfalls in meiner Story - den es gehören immer zwei Seiten zu einer Medaille. Außerdem hatte ich kurz Panik in Varanasi, dazu lest jedoch bitte diesen Beitrag (sonst würde es hier den Rahmen sprengen). Was ich dazu noch sagen möchte ist: ich bin mir sicher, dass wenn ich am Morgen nicht die erwähnten Stories geteilt hätte, meine Gedanken andere gewesen wären. Also: Seid immer vorsichtig mit dem was ihr denkt.



Ich habe mich in Indien, bis auf diesen Moment, immer sicher gefühlt weil ich meiner Intuition und meinem klaren Menschenverstand gefolgt bin. Außerdem habe ich am Anfang meiner Reise Tipps von einer ebenfalls allein reisenden Frau bekommen, die ich gerne so weiter gebe:

1.) Tagsüber Reisen. Sprich nicht nach Sonnenuntergang an einem Ort ankommen. Habe ich diesen Tipp befolgt? Meistens. Aber in Dharamshala bin ich zum Beispiel gegen 23 Uhr in mein Hostelbett gefallen. Es ließ sich nicht vermeiden. Ich persönlich empfehle jedoch Nachtbüsse oder Nachtzüge zu nehmen und so morgens an seinem Zielort anzukommen und in seiner Unterkunft einzuchecken. Dann hat man auch noch etwas vom Tag. Ob das jetzt unsicherer ist als nur tagsüber zu reisen, weiß ich nicht, aber mir ist in Nachtbüssen/zügen nichts besonderes passiert, außer folgender Situtation:

Ich hatte Last-Minute einen Platz in einem Nachtbus von Dharamshala nach Rishikesh gebucht und bereits den Reiseveranstalter bezahlt. Der Bus fuhr um 18:00 Uhr am Busbahnhof in McLeod Ganj/Dharamshala los, der übrigens ziemlich gruselig war weil es keine richtige Lampen gab, jedoch war ich zum Glück nicht alleine, denn ein anderer Tourist aus meinem Hostel reiste mit mir. Wir zeigten also unser Ticket und stiegen ein. Der Bus war noch nicht ganz voll und wie sich heraustellte, holten wir noch ein paar Leute von anderen Gästehäusern ab. Als wir beim letzten Gästehaus ankamen, setzte sich ein junger indischer Mann auf meinen Platz. Ich sagte ihm, dass dies mein Platz ist doch er schüttelte nur den Kopf und zeigte mir sein Ticket: dabei stellte ich fest, dass der gleiche Platz doppelt gebucht war. Als ich dies dem Busfahrer mitteilte, sagte dieser nur: "You have to leave". Ich muss also gehen! Es war dunkel, ich wusste nicht wo ich war und ich war einfach nur vor dem Kopf gestoßen. Are you serious? War meine empörte Reaktion. Ich sah mich im Bus um und überlegte was ich tun sollte. Ich war wütend wegen der Reaktion des Busfahrer, es war ihm egal was mit mir passierte, dass sah ich ihm an. Ich schluckte mein Wut und Tränen herunter und sagte laut und schlagfertig: "I will go to Rishikesh. With this Bus. Solve the Problem!" Wir diskutieren also kurz und ich sagte: "Look at me, I'm fucking small I don't care where to sit but I won't leave!" Bei der letzten Aussage wurde ich etwas lauter und so reagierten auch endlich die anderen Touristen. Ein australischer und ein mexikanischer Tourist, ungefähr in meinem Alter, verteidigten mich und bestanden ebenfalls darauf, dass ich mitfuhr. Ein indischer älterer Mann bot mir an seinen Koffer so zu drapieren, dass ich im Gang darauf sitzen konnte. Das reichte mir dann auch. Auch bot er mir an, mit mir den Platz zu tauschen falls es zu unbequem wurde. Schlussendlich tauschte ich nach der ersten Pause jedoch den Platz mit dem Australier, der ungefähr 1,90m groß war und kaum Platz hatte auf seinem Sitz. Im Gang konnte er sich dann ausstrecken. Was ich davon gelernt habe? Selbstbewusst sein. Laut sein. Ruhig bleiben und die Wut und in meinem Fall verbundene Tränen hinunterzuschlucken. Es gibt immer eine Lösung!



2.) Nach Sonnenuntergang nicht mehr alleine unterwegs sein. Diesen Rat habe ich in größeren Städten wie Delhi, Jaipur und Kolkatta befolgt. In Dharamshala war ich oft nach Sonnenuntergang zu Fuß unterwegs und das gruseligste was mir begegnet ist, waren Hunde die ich nicht gleich gesehen habe (ich erschrecke mich leicht wenn ich in Gedanken versunken bin). Diese haben mir nichts getan, denn ich bin ohne Angst an ihnen vorbei gelaufen. Auch in Amritsar war ich einmal nach Sonnenuntergang alleine unterwegs und habe mich sogar per Uber von einem Motorrad Faher zurück ins Hostel fahren lassen. Alles kein Problem! Die meiste Zeit war ich jedoch vor Sonnenuntergang wieder in meiner Unterkunft oder eben mit einer Gruppe anderer Touristen unterwegs.

3.) In die Ladies Abteilung in der Metro einsteigen. Vorausgesetzt es gibt eine! In Delhi war das ganz cool und habe ich auch zusammen mit zwei anderen weiblichen Reisebekanntschaft aus dem Hostel gemacht. Beide fühlten sich so sicherer und weniger angestarrt. Mir persönlich gefiel es besonders die Inderinnen zu beobachten und ihre Outfits zu betrachten. In Städten wie Kolkatta und Bangalore habe ich jedoch keine Ladies Abteilung gesehen. Das hat mich jedoch auch nicht weiter gestört, da ich zu dem Zeitpunkt mit Männern unterwegs war, die ich im Hostel kennengelernt hatte. Aber auch alleine wäre es für mich persönlich kein Problem gewesen, denn ich habe mich in der Metro nie unsicher gefühlt.

Meine Erfahrung mit indischen Männern

Egal ob ein Einheimischer in Delhi, der Rikscha-Fahrer Ali in Jaipur, mein Yoga-Lehrer in Rishikesh, junge Männer die Selfies mit mir machen wollten / gemacht haben oder Inder in Hostels, ich hatte größtenteils gute Erfahrungen mit indischen Männern. Junge Männer die Selfies mit mir machen wollten konnten zugegeben etwas nervig sein und man weiß ja auch nie, für was sie die Fotos benutzen (vielleicht posten sie sie auf Facebook und geben damit an?) aber da muss jeder für sich selbst die Grenze ziehen und diese sind unterschiedlich. Manche alleinreisende Frauen die ich getroffen habe, sagten mir, sie machen grundsätzlich keine Selfies mit indischen Männern, andere wiederum nur mit Männern die sie wirklich sympathisch fanden. Fakt ist: jede Touristin wird mindestens einmal danach gefragt. Auch ich - und ich sehe asiatisch aus, wie ihr unschwer erkennen könnt. Begrapscht oder sexuell belästigt wurde ich dabei bzw. generell übrigens nie. Angestarrt wurde ich wahrscheinlich öfter, aber ganz ehrlich? Das gehört dazu und oft fällt es mir nicht auf. Auch in Deutschland schaut man mich manchmal schräg an, wahrscheinlich aufgrund meines Kleidungsstil, aber das macht mir meistens nichts aus. In Indien habe ich die Menschen außerdem auch oft angestarrt, einfach weil ich sie so interessant - und vor allem die Frauen - so schön fand! Manche behaupten sogar, ich wurde oft angestarrt weil ich so schön sei... aber das liegt ja immer im Auge des Betrachters ;)
In Dharamshala habe ich außerdem etwas ganz neues für mich gewagt und mich das erste Mal per Instagram mit einem Inder bzw. Tibeter getroffen. Er schrieb mich dort an, fragte mich über meine Pläne aus und bot mir dann an mir einen besonderen Ort zu zeigen. Spontan sagte ich zu und dachte mir: wenn es mir doch zu bunt wird, verstecke ich mich einfach in einem Café - oder so. Wir trafen uns an einem öffentlichen Platz, dem Taxi Stand in Bhagsu um genau zu sein und er holte mich mit seiner Royal Enfield ab. Ziemlich nice muss ich sagen, hat mich schon beeindruckt! Der Tibeter war dann auch ganz süß, schüchtern und zurückhaltend und zeigte mir einen schönen Ort in den Bergen mit Aussicht auf den Dalai Lama Tempel. Dann fragte er mich sehr viel über Deutschland und Hitler aus - was ich etwas merkwürdig fand, aber geduldig beantwortete. Im Gegenzug löcherte ich ihn mit Fragen über mein zweites Sehnsuchtsland: Tibet! Denn seine Eltern flohen von Tibet nach Dharamshala, lernten sich dort kennen, gründeten eine Familie und leben dort bis heute. Am Ende des Tages war ich froh und stolz auf mich, diese Instagram Einladung angenommen zu haben! Denn: Ich habe keine Angst vor Indern/Einheimischen/Männern! Viel mehr Suche ich den Kontakt zu ihnen um mehr über das Land und die Kultur zu erfahren. Das gelang mir während meiner Reise sehr gut!
Egal ob ich mich in Rishikesh mit einen modernen jungen Inder dessen Spitzname Panda lautete anfreundete oder meinen langjährigen Instagram Freund Umang traf (endlich!), in Kalkutta mit dem indischen Englisch Lehrer Raj, der in Thailand lebt unterwegs war oder auf Neil Island mit Tauchern ins Gespräch kam, alle haben mich respektvoll und "normal" behandelt. Doch Shubankar, mein sogenannter "Elephant Daddy" (da das Resort in dem ich lebte "Elephant and the four wise men" hieß), hatte es einmal übertrieben. Denn er misstraute Riz, meinem engsten Freund auf Neil Island weil er "nicht von Neil Island kommt sondern aus der Hauptstadt" und wir stritten uns diesbezüglich. Shubankar machte mir Vorschriften, die nicht mal mein eigener Vater mir je gemacht hatte wie zum Beispiel: um eine bestimmte Uhrzeit wieder im Resort zu sein, nicht bei Riz zu übernachten und ich sollte ihm nicht vertrauen. What the Fuck? Ich sagte zu Shubankar, dass ich ihn als Freund schätze, ich aber weder seine Schwester, noch Tochter oder Ehefrau bin sondern nur eine verdammte Touristin und es ihm gar nicht angehe, welche Beziehung ich zu Riz pflegte. Danach war erstmal ein paar Tage Funkstille, denn ich war extrem sauer auf ihn! Am Ende haben wir uns jedoch wieder vertragen.
Während meiner letzten zwei Wochen in Indien reiste ich zusammen mit einem Inder, den ich zuvor auf Neil Island kennengelernt hatte und nur vier Tage lang kannte (siehe oben positiv Beispiel) nach Chennai, Pondicherry, Auroville und Bangalore. Dort haben wir Freunde meiner Reisebekanntschaft besucht aber zusammen auch neue Orte und Menschen kennengelernt. Was ich vor meiner Indien Reise übrigens gehört hatte war, dass Nordindien (wo ich mich die meiste Zeit lang aufhielt) gefährlicher sein soll als Südindien. Ich habe mich in beiden Regionen sicher gefühlt und konnte keinen "Gefahrenunterschied" feststellen. War jedoch, wie bereits erwähnt im Süden nicht alleine unterwegs und noch dazu mit einem Inder. Im Norden dagegen war ich mehr alleine, aber halt auch nicht die ganze Zeit. Und darum geht's ja beim Alleine Reisen - wenn ich Gesellschaft wollte habe ich sie einfach gefunden und wenn ich Allein sein wollte, war ich eben allein.

Meine Erfahrung mit indischen Frauen
 
Mein erste Erfahrung mit indischen Frauen war an Tag 4 beim Taj Mahal bzw. dem Agra Fort. Am Taj Mahal wurden die Mädels meiner Reisegruppe und ich nach Selfies gefragt. Ich fand das nicht verwunderlich, waren die beiden anderen Mädels doch recht hellhäutig und blond. Am Agra Fort habe ich das erste Mal eine indische Frau gefragt, ob ich ein Foto von ihr machen darf, da ich das Motiv, sie ihrem orangen Sari vor den Mauern des Agra Fort, sehr schön fand. Sie gab mir dann auch ihr Einverständis, auch wenn ich merkte, dass sie kaum Englisch verstand und zeigte ihr anschließend die Fotos. Am Busbahnhof in Delhi lernte ich Dimple kennen, eine junge moderne indische Frau, die mir bestätigte das ich an der richtigen Bushaltestelle war. Sie fuhr mit dem gleichen Bus nach Jaipur um ihre Familie zu besuchen, arbeitete jedoch in Dehli in einer Telekommunikationsfirma. Wir verbrachten die Pause zusammen und unterhielten uns hauptsächlich über das Fest Diwali aber auch über Allgemeines wie meine Reisepläne, unser Leben, etc. Außerdem wurde ich in Jaipur einmal nach einem Selfie von einer indischen Frau mit ihrem Kind gefragt. Gerne tat ich ihr diesen Gefallen, war ich doch verblüfft, dass sie danach gefragt hatte. Ihr Mann machte dann einige Fotos von uns, die Frau drängte mich ihr Kind auf die Wange zu küssen (echt seltsam haha) und im Anschluss machte ich dann noch ein Selfie mit ihr. Eine wunderbare, seltsame Erfahrung!
In Amritsar lernte ich Menka kennen, eine moderne Frau mittleren Alters, die mir anbot ihren Sari anzuprobieren - was ich natürlich nicht auschlagen konnte! Sie ist Fashiondesignerin, geschieden und unterrichtet an einer Modeschule. So war sie vollkommen in ihrem Element als sie mir den Sari anzog, mir zeigte wie ich posieren soll und als Fotografin fungierte. Ich fühlte mich nach einer 14-stündigen Busfahrt im Localbus zwar alles andere als in Girly-Modeshow-Mode, aber diese Erfahrung war es definitiv wert! Im gleichen Hostel in Amritsar lernte ich zwei junge Frauen kennen, die beide zwar zurückhaltend aber trotzdem neugierig waren. Mit diesen verbrachte ich zwei schöne Mädelsabende in unserem Hostelzimmer. Wir redeten über Bollywood Filme, Jungs, Klamotten, Deutschland, ihre Heimat, Amritsar und meine weiteren Reise-Pläne und vieles mehr. Im Goldenen Tempel in Amritsar sprachen mich außerdem ein paar Jugendliche an und wollten Fotos mit mir machen und als ich eine Zeit lang alleine auf dem Boden saß und meditierte, sprach mich zu dem eine etwas ältere indische Frau an. Sie sprach mit mir auf einer Sprache, die ich nicht verstand. Dies teilte ihr mit, doch das hinderte sie nicht daran mir eine Geschichte über die Fische im Teich dort zu erzählen. Immer wieder zeigte sie auf die Fische, schaute mich fragend an und ich nickte einfach nur! Nachdem sie ihre Geschichte beendet hatte, war sie zufrieden und ließ mich wieder allein.
Danach lernte ich indische Frauen vor allem in meiner Unterkunft kennen. In Dharamshala verstand ich mich sehr gut mit Diane, die Köchin meines Hostels, in Bodhgaya lernte ich Sonam, eine Yoga Leherin und Ichha, eine Studentin kennen, mit denen ich einen Meditationskurs absolvierte und anschließend zu den Dalai Lama Teachings ging. Die Tochter meines Hostelsbesitzer schloss ich zudem auch sehr schnell in mein Herz. Auf Neil Island hatte ich eine "Elephant" Mama. Die Mutter von Shunbankar, die leider nicht gut Englisch sprach. Jedoch konnten wir uns trotzdem immer irgendwie verständigen und an meinem Abreisetag schenkte sie mir einen ihrer Saris - das beste Geschenk überhaupt! 
Durch meinen indischen Freund, mit den ich zwei Wochen durch den Süden reiste, lernte ich außerdem auch eine seiner Freundinnen kennen und konnte so noch mehr über Indiens Frauen erfahren. Für alle Begegnungen bin ich unheimlich dankbar. Ich habe sowohl gebildete als auch weniger gebildetete (das sich daran kennzeichnete das sie kein bis wenig Englisch konnten) Frauen kennengelernt und bewundere alle von ihnen für ihre Offenheit und Freundlichkeit Fremden gegenüber. Ich habe zwar deutlich mehr indische Männer kennengelernt, aber ich bin froh, dass es auch alleinreisende indische Frauen gibt, Frauen die sich für andere Frauen einsetzen, Frauen die mutig und unabhängig sind und etwas erreichen wollen und Frauen die ihr Land lieben, obwohl viele indische Männer der Meinung sind, Frauen sollen Zuhause bleiben, sich um dem Haushalt kümmern und die Kinder hüten. Es gibt eben wie überall sowohl konservative als auch moderne Menschen.

Kleiderordnung

Während des ganzes Beitrags konntet ihr außerdem sehen wie ich mich die meiste Zeit gekleidet habe (habe natürlich nicht von jedem Outfit ein Foto). Da ich nur mit Handgepäck verreist bin, hatte ich keine große Auswahl, aber es hat mir trotzdem gereicht! Auch habe ich  mich - wie immer - respektvoll gekleidet, das bedeutet: keine zu knappen Shorts oder Röcke, keine Spagetti Tops oder bauchfreie Oberteile. Wer mich kennt weiß, dass ich so auch nicht wirklich in Deutschland rumlaufe, deswegen ist es für mich kein große Umstellung. Außerdem trage ich auch immer gerne die traditionelle Kleidung im jeweiligen Land, wie ihr an dem schwarzen Kurti sehen könnt. Saris hatte ich nur zwei Mal an, weil diese etwas komplizierter sind und ich das nicht alleine anziehen kann. Die Inder sind eher konservativ auch aufgrund ihrer Religion (Hinduismus und Islam ist am weitesten verbreitet), deswegen empfiehlt es sich, sich nicht zu freizügig zu kleiden. 

Sonstiges

Meine Reiseroute: Delhi, Jaipur, Amritsar, Dharamshala, Rishikesh, Varanasi, Bodhgaya, Kolkatta, Port Blair, Neil Island, Chennai, Pondicherry, Auroville und Bangalore.
Reisedauer: 4,5 Monate
Meine liebsten Apps: Maps.Me, Uber, Booking.com - habe das Hostel immer vorher gebucht und nie vor Ort gesucht, aus Zeit und Sicherheitsgründen.
Fails: Kleidungsstücke verloren, Handy kaputt gemacht, auf Bettel Masche hereingefallen (hier zum nachlesen), in Port Blair wegen eines Tropensturm festgesessen, 3 Wochen kein Handy gehabt und 7 Wochen kaum Internet, fast aus einem Bus herausgeworfen worden
Jedoch: viele Lektionen gelernt und tolle Menschen getroffen - sowohl Indische Touristen als auch Einheimische, Tauchlehrer, westliche Touristen, Frauen, Männern, Transgender (im Bus), Homosexuelle, Künstler, Selbstständige, Yogis, Spirituelle Suchende, konservative Menschen, offene Menschen, ängstliche Menschen, Kinder und Straßentiere in Müllhaufen, Haustiere. Wunderschöne Landschaften gesehen und Sonnenuntergänge, Lagerfeuerabende genoßen, leckeres Essen gegessen, die Gerüche Indiens eingesogen (manchmal eine Mischung aus Kuhdung, Fäkalien und Curry), Armut gesehen und die Mittelklasse kennengelernt. Aber vorallem: mein Herz in Indien verloren.
Wichtig: Ich wurde nicht sexuell belästigt oder vergewaltigt. Männer haben mich größtenteils respektvoll behandelt. Arschlöcher gibt es außerdem überall auf der Welt! Nicht nur in Indien. Die Freundlichkeit und Offenheit der Inder wird für mich außerdem immer unübertroffen sein - gab mir doch mein indischer Freund sein Handy als Ersatz für mein kaputtes. Mir wurde super oft Hilfe oder Essen angeboten, ich wurde zu diversen Dingen eingeladen, mein Elephant Daddy gab mir sogar Rabatt auf meinem Aufenthalt und meine indischen Freunde fragen mich bis heute regelmäßig, wann ich sie besuchen komme. Und wenn ich antworte: "Ich kann es mir gerade nicht leisten weil ich arbeitelos bin" kommt die Antwort: "Du brauchst nur Geld für ein Ticket um den Rest kümmern wir uns!" Und ganz ehrlich? Ich glaube ihnen jedes Wort! Denn die Inder sind so gastfreundlich, die würden mich locker einen Monat oder mehr durchfüttern und beherbergen! #lovejustlove

Fazit: 

Indien ist so vielfältig das es schwierig ist, es zu gerecht zu beschreiben - man muss es einfach selbst erleben! Klar existiert dort viel Gewalt, sei es aufgrund der verschiedenen ethnischen, politischen oder religiösen Meinungsverschiedenheiten oder aufgrund von Armut oder anderen Gründen. Doch ebenso gibt es dort viel Liebe und Freundlichkeit, Verständnis und Offenheit. Das bedeutet: Egal ob als Alleinreisende Frau, Mann, als Familie oder in einer Reisegruppe - wenn du nach Indien reisen möchtest, lass dich von nichts abhalten! Vor allem nicht von deinen Ängsten und "was wäre wenn-"Momenten. Lebe im Moment (den Angst existiert nur in der Zukunft), sei Selbstbewusst und habe Vertrauen - du wirst es nicht bereuen, glaub mir.

1 Kommentar:

  1. Ein sehr spannender Beitrag, ich finde es toll, dass du deine Erfahrungen diesbezüglich geteilt hast. Denn auch wenn es dazu viele Beiträge gibt, so sind doch die einzelnen Erfahrungen ganz individuell und das finde ich interessant. Es freut mich ,dass du durchweg positive Erfahrungen gemacht und viele neue Menschen kennengelernt hast. Ich hättte aber ehrlich gesagt doch etwas mehr Bammel gehabt, aufgrund der Berichterstattung, aber du hast Recht: Sowas kann überall passieren und in jedem Land, nicht nur in Indien. Ich ziehe aber echt meinen Hut, dass du das gewagt hast, denn 6 Monate alleine in einem fremden Land könnte ich nicht. Ich bin aber auch nicht der Type, der alleine reist. Wäre ich zwar manchmal gerne, weil es einiges an Stress erspart und man keine Kompromisse finden muss, aber es wäre nichts für mich, da ich generell jemand bin der Dinge gerne in Gesellschaft erlebt, auch wenn man natürlich vor Ort Leute kennenlernt.

    Dankeschön für dein liebes Kompliment Jasmin <3.
    Wobei ich mich aktuell sogar nicht wie ein Workaholic fühle, weil ich im Zeitplan hinterherhänge :D. Aber ich finde es ja immer interessant zu erfahren, wie man auf andere wirkt und wie das von der eigenen Wahrnehmung manchmal abweicht.

    Ich glaube nach einer so langen Zeit im Ausland ist es aber auch ganz normal, dass man etwas mehr Zeit braucht, bis man sich wieder an den Alltag gewöhnt. Man hatte ja so lange ständig viele spannende Momente und hat viel Neues gesehen, da muss man sich auch erst wieder an Deutschland und die Lebensart, die ihr vorherrscht, gewöhnen. Ich habe mal gelesen ,dass das mit dem "früher ist alles besser" sogar ganz normal ist, weil der Mensch dazu neigt die Vergangenheit zu verklären. Wir erinnern uns irgendwann nur noch an die schönen Dinge und fangen an vieles zu romantisieren. Man kann das dementsprechend sogar psychologisch ganz leicht erklären :). Was den Satz im Ausland ist alles besser anbelangt, da beißt man bei mir ja auf Granit :D. Ich fange dann gleich das diskutieren an, da ich halt durch mein Politikstudium immer wieder andere politische Systeme betrachte und weiß, dass es in den meisten Staaten keine so gute soziale Absicherung gibt - wenn man denn mal die skandinavischen Länder außen vorlässt, aber die haben halt auch ein anderes wohlfahrtsstaatliches System, das ebenfalls aber so langsam an seine Grenzen gerät.

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