30.04.2023

Liebe ist auch loslassen

"Wenn meine Freundin mit dem Auto fährt und mich mitnimmt, dann gehe ich mit nach Spanien", schreibe ich einer guten Freundin. "Du bist Zeugin!" 
Ein paar Tage später, schreibt mir die besagte Freundin, dass sie nach Spanien fliegt. Für mich keine Option, denn erstens habe ich kein Geld für einen Flug und zweitens möchte ich innerhalb Europas nicht fliegen. 
"Ich muss jetzt mal vernüftigt sein", schreibe ich meinem Money-Mindset Coach. "Oder?" 
Sie antwortet: "Wie immer geht um die Balance im Leben. Manchmal ist es Zeit für Abenteuer und manchmal musst du vernüftigt sein und Zuhause bleiben."
Neumond, Sonnenfinsternis, die Planeten und vorallem das Tierkreiszeichen Stier, erinnern mich ebenfalls daran, was gerade Priorität hat. 
Alles ein Zeichen des Universums? Wieso fällt es mir so schwer, die Idee loszulassen nach Spanien zu reisen und dort die Feria, das Flamenco Festival nicht zu besuchen? Alles wegen dieser einen Person die ich so gerne wieder sehen möchte und die Angst etwas zu verpassen?

 
Konzentriere dich auf die Menschen, die dich auch in deinem Leben haben möchten. 
 
Erinnere ich mich während meiner Meditation in einem Tipi im Wald - gerade mal fünf Minuten von meinem aktuellen Zuhause, bei meiner Familie, entfernt und fange an zu weinen. In der Stille des Waldes höre ich meine eigene Stimme ganz laut. Das tut weh und gleichzeitig befreit es mich.


Zwei Tage später spaziere ich die Murg entlang. Ich vermisse dabei schrecklich meine Hündin, die letzten Mai gestorben ist - und ihn. Mal wieder. Ich spiele mit meinem Hula Hoop Reifen, praktiziere spontan den Yoga Frosch, singe Soy Gitano und trauere. Ich trauere darum, nicht in Spanien zu sein bzw. reisen zu können. Ich trauere um meine Hündin. Ich trauere um einen Freund, der sich letztes Jahr das Leben genommen hat und ich trauere um eine Freundschaft, die ich auf anderem Wege verloren habe. Ich traure um alle die Liebe die verloren gegangen ist, durch ungesagte Worte, Ängste und Distanz.
 

Das Wochenende verbringe ich spontan zunächst mit mir selbst, in dem ich alleine auf ein Konzert gehe. Ich komme 15 Minunten zu spät, doch das macht nichts. Hauptsache ich habe es gemacht. Denn wie lange ist es her, dass ich spontan auf ein Konzert bin? In Deutschland, wohlgemerkt. Auf Reisen mache ich ständig Dinge alleine und spontan. Bei den Klängen des Musikers, an diesem Freitag Abend verliebe ich mich erneut in Karlsruhe und seine Angebote. Seine Gebäude, die sich in den Pfützen spiegeln. In das Schloss beim Sonnenuntergang. In den Indischen Bazar in dem ich meinem Lieblingseistee aus Thailand kaufe. Ich möchte spontan meinen indischen besten Freund besuchen, kaufe für uns Onigiris und bin so dankbar für das cooles Essen man in Karlsruhe kaufen kann. Mein indischer Freund beantwortet meine WhatsApp Nachrichten nicht und während ich überlege, ob ich einfach klingeln soll, wie in guten alten Kindheitstagen in meinem Heimatdorf, schreibt mir ein anderer Inder. Mein indischer Ex-Freund fragt mich, ob ich gerade telefonieren kann. Ich antworte sofort mit: "warte, ich muss mich kurz ins KA-WLAN einloggen. Dann sollte es klappen." Gesagt, getan.

Wir telefonieren für ca. 40 Minuten. Ich sitze dabei vor dem Studentenwohnheim in dem mein indischer bester Freund wohnt und wo ich früher gearbeitet habe, vor dem Schloss in Karlsruhe. Ich spüre jedoch keine Kälte, so wie 6 Monate zuvor, als ich Karlsruhe verlassen habe. Mein Herz ist warm vor Liebe - Freundschaftsliebe. Mein Ex-Freund und ich schwelgen in Erinnerungen, sind stolz auf unsere Entwicklung und das wir immer noch miteinander reden können. Wir reden über die Arbeit, Dating, das Leben. Meine vielen Zuhause und sein Fernweh. Wir schmieden Pläne uns wiederzusehen und geben uns der Fantasie hin, dass es wirklich klappen könnte. Plötzlich wird es mir doch kalt, es ist immerhin erst Frühling in Deutschland, und ich muss auflegen. Außerdem habe ich beschlossen, bei meinem indischen besten Freund zu klingeln. Mein Ex-Freund bringt mir noch schnell einen Satz auf Hindi bei, den ich unbedingt sagen soll, damit mein indischer Bestie mir auch garantiert aufmacht - doch fail, ich komme zu spät. Mein Indischer Freund schläft bereits und ich fahre nach Hause - zu meiner Familie.

Nachdem ich den Samstag mit Schreiben verbracht habe, treffe ich mich abends mit meiner Flow Freundin, großen Schwester und sehr guten Freundin Tasha. Ich liebe sie so sehr, dass ich sogar ein Gedicht für sie geschrieben habe.
 

Tasha
I can't describe my love for you
but with this words I'm trying to
write a Poem about you
Our Friendship and Sisterhood
is more than I can see
I feel it deeply in my heart and soul
You are a mirror reflecting
together we are whole
Together we play with the Poi and Hula Hoop
we share stories of trauma, family and boys
gender fluid and non-binary
trying to find ourselves
together on a journey
it's nice to not be alone with my thoughts
a sister in mind and heart
the big sister I always wanted
This is you
Tasha, Tanasha, my girl
I love you

Auf Instagram habe ich vor einer Weile, während ich PMS hatte, gelesen, dass man es normalisieren soll, seinen Freund*innen zu sagen, dass man sie liebt. Je weirder desto besser. Ich bin diese Freundin, nicht nur bei PMS, sondern immer. Ich bin die cheesy Freundin, die ihren Freund*innen Gedichte schreibt, Videos als Geburtstagsgeschenk schneidet, Lieder singt, Schildkröten oder Portraits malt, Geschichten und Märchen für sie schreibt. Ob zur Hochzeit, Geburstag oder einfach so - weil ich sie liebe. Die Kunst des Liebes - ich drücke diese mit meiner Kreativität aus. 

Vorallem durch meine Reisen, habe meine Freundschaften nochmal einen besonders wichtigen Stellenwert eingenommen. * Hier habe ich schon mal einen Beitrag über Freundschaft auf Reisen und auch Zuhause geschrieben. * Ich bin immer noch dieser Meinung und umso dankbarer, für alle Freund*innen, die ich in Spanien gewonnen habe und alle Freund*innen, die mir in Deutschland treu geblieben sind. Ebenso bin ich jedoch dankbar für alle Freundschaften die es nicht geschafft haben, die ich los lassen musste. Auch wenn es immer sehr weh tut - die Liebe ist nicht verloren. Sie wird immer in meinem Herzen bleiben, jede Freundschaft hat ihre Spuren hinterlassen.

Für jeden Mensch, den man los lässt, wird für einen anderen Platz gemacht.
 

Auch auf Instagram habe ich während der letzen Monate viele tolle Freundschaften geschlossen und so habe ich zusammen mit Joy, einer dieser neuen Freundschaften eine BIPOC WhatsApp Gruppe, ins Leben gerufen. Momentan lerne ich auch durch die Dating-App Bumble neue Leute kennen - ich habe Freundschaftsdates und Austausch, nicht nur romantische und genieße es sehr, tolle interessante Menschen kennenzulernen.

Liebe ist auch loslassen, heißt dieser Beitrag, diese Kolumne. Und Liebe ist auch Freundschaft. Freundschaften enden, wie romantische Beziehungen auch. Freundschaften sind wie romantische Beziehungen Arbeit. Und wenn diese Arbeit eines Tages aufhört, egal ob beidseitig oder einseitig - dann tut das weh, genauso wie in romantischen Beziehungen. Wenn man sich auseinander lebt, tut das weh oder wenn man sich bewusst / offensichtlich weh tut, dann schmerzt es natürlich besonders stark. Besonders Frauenfreundschaften sind speziel, durch die sogenannte Schwesternwunde, sind wir Frauen besonders geprägt. Darauf gehe ich in einem anderen späteren Beitrag noch genauer ein.
 

Lasst euch bis jetzt einfach nur gesagt sein: Liebe ist auch los lassen. Und das ist okay. Für jeden Mensch der geht, kommt ein neuer. Konzentriert euch auf die Menschen, die euch in ihrem Leben haben wollen. Seid dankbar für alle Freundschaften und sagt euren Freund*innen, so peinlich und laut und schnulzig wie es nur geht, das ihr sie liebt, ok?

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